Was ist Spiritualität

Was ist Spiritualität?

Eine Reise zu den Wurzeln des Wortes

​Wir benutzen das Wort „Spiritualität“ oft, um eine Suche nach Sinn, Glauben oder innerem Wachstum zu beschreiben. Doch wenn wir seinen Ursprüngen nachgehen, offenbart sich eine überraschende Wahrheit: Spiritualität ist kein Ziel, das es zu erreichen gilt, sondern eine Realität, die wir bereits leben.

Die etymologische Reise:

Vom Atem zum Geist

​Der Begriff Spiritualität stammt vom lateinischen Wort „spiritus“, was so viel wie „Atem“ oder „Hauch“ bedeutet. Dieses Wort wiederum leitet sich vom lateinischen Verb „spirare“ ab, das „atmen“ heißt. Diese Bedeutung zieht sich wie ein roter Faden durch viele alte Sprachen: Im Hebräischen bedeutet „ruach“ ebenfalls „Atem“ oder „Wind“, und im Griechischen beschreibt „pneuma“ denselben lebensspendenden Hauch.

​An seinem Ursprung war Spiritualität also untrennbar mit dem Leben selbst verbunden. Es war nicht etwas, das man suchen musste, sondern die schlichte und grundlegende Tatsache, dass man atmete. Der „Geist“ war nichts anderes als der unsichtbare Atem, der uns am Leben hielt.

Der Wandel des Konzepts:

Von der Substanz zur Suche

​Über Jahrhunderte hinweg wurde die ursprüngliche Bedeutung des Wortes überlagert. Im christlichen Kontext wurde Spiritualität primär als ein geistliches Leben verstanden, das im Gegensatz zur materiellen Welt stand. Es war die Beschäftigung mit Gott und dem Jenseits, getrennt von der irdischen Existenz.

​Im 19. und 20. Jahrhundert löste sich der Begriff dann von den Dogmen der Religion. Er wurde zu einem persönlichen Weg, der oft in Abgrenzung zur organisierten Kirche gesehen wurde. Die moderne Spiritualität wurde zu einer Suche: einer Suche nach Sinn, einem inneren Frieden oder einer Verbindung, die als verloren oder verborgen galt.

​Dieser Wandel schuf einen grundlegenden Widerspruch. Wir suchen nach etwas, das laut der ursprünglichen Wortbedeutung die Grundlage unserer Existenz ist.

Die Rückkehr zum Ursprung:

Die Erkenntnis des Atems

​Unsere Reise zu den Wurzeln des Wortes führt uns zu einer entscheidenden Einsicht: Die Suche nach Spiritualität ist eine absurde Reise, denn sie ist bereits die Luft, die wir einatmen.

​Gerade in der Meditation wird dies besonders deutlich. Die Anweisung, sich auf den Atem zu konzentrieren, ist keine Aufforderung, etwas zu suchen, das fehlt. Sie ist eine Einladung, zu dem zurückzukehren, was bereits da ist. Sie ist ein Anker, der den Geist aus den gedanklichen Ablenkungen der Vergangenheit und Zukunft zurück in den einzigen Moment holt, der wirklich existiert: den gegenwärtigen.

​Die Konzentration auf den Atem ist der Weg, um zu erkennen, dass Spiritualität nicht etwas ist, das wir tun, sondern etwas, das wir sind.

Die wahre Bedeutung:

Einfach nur sein

​Die tiefste Erkenntnis aus all dem ist, dass wahre Spiritualität sich nicht in komplexen Praktiken oder der Suche nach höheren Ebenen manifestiert, sondern in der einfachen, reinen Wahrnehmung des Seins. Das Loslassen der mentalen Etikettierung – die Pflanze einfach zu betrachten, ohne sie als „Pflanze“ zu bezeichnen – ist der Schlüssel. Das Ego will verstehen und benennen, doch wahre Präsenz ist das unvoreingenommene Beobachten der Realität.

​Die moderne Suche nach Spiritualität endet, sobald wir die ursprüngliche Bedeutung des Wortes wiederentdecken: Es ist die einfache, unaufhörliche Tat des Atmens, die uns zu dem macht, was wir sind.

© Swetlana/SeelenVoice

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